Biologika – können Antikörpertherapien bei COPD helfen?

Wer unter COPD leidet, denkt beim Stichwort Behandlung sicherlich zuerst an Inhalation, Hustentechniken oder Rauch-Stopp – vielleicht auch an die Einnahme von Tabletten. Nun gibt es für einen kleinen Teil der Betroffenen möglicherweise noch eine weitere, darauf aufbauende Option: Biologika.
 | 25.04.2023

Sie tragen Namen, die fast ein wenig nach Fabelwesen klingen: Omalizumab, Benralizumab oder Mepolizumab – und das sind nur drei Beispiele für Biologika, die das Leben von Asthma-Patient:innen bereits seit einigen Jahren wirksam erleichtern. Aufmerksame Leser:innen haben vielleicht schon bemerkt, dass alle Namen mit den gleichen drei Buchstaben enden: mab. Das steht für „monoclonal antibody“, zu Deutsch: monoklonale Antikörper. Genauer gesagt: Natürliche Wirksubstanzen, die wie ein Schlüssel auf der Suche nach dem Schloss in unseren Körperzellen nach Bindungsstellen suchen. Dort setzen sie an und können den krankheitsauslösenden Prozess aufhalten oder bestenfalls sogar ganz stoppen.

Was sind Biologika?

So weit, so gut. Aber was hat das jetzt mit Lungenkrankheiten wie Asthma Bronchiale oder COPD zu tun? Tatsächlich werden Antikörpertherapien in zahlreichen verschiedenen Bereichen eingesetzt: in der Behandlung von Autoimmunkrankheiten, chronisch-entzündlichen Erkrankungen, Rheuma, als Krebstherapie – und eben auch bei bestimmten Lungenkrankheiten. Eine Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass bei den Patient:innen das (vermehrte) Vorkommen des Botenstoffs oder auch spezieller weißer Blutzellen, den Eosinophilen, nachweisbar ist – nur dann kann der Antikörper auch seine Wirkung entfalten. Ein weiteres Kriterium: die Wirksamkeit in der jeweiligen Erkrankung muss mittels einer Studie aufgezeigt worden sein.

Wer es etwas genauer wissen will, wie Antikörper und die dazugehörigen Therapien funktionieren, dem sei dieses Video ans Herz gelegt:

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Ein Beispiel, wie sie wirken können: Bei vielen Asthmatiker:innen ist die Zahl der Eosinophilen erhöht. Dabei handelt es sich um eine bestimmte Art von Zellen, die in unserem Blut vorkommt und an Immun-Abwehrreaktionen beteiligt ist. Das passt auch zusammen, denn bei Asthma bronchiale liegen häufig Allergien zugrunde, die eine Immunreaktion unseres Körpers gegen eigentlich ungefährliche Stoffe auslösen. Eine Antikörpertherapie soll die Anzahl der Eosinophilen im Blut effektiv verringern – und damit die allergischen Reaktionen ausbremsen, die dem Asthma bronchiale zugrunde liegen. Dieses Wirkprinzip möchte man natürlich gerne auf COPD-Patient:innen übertragen, doch hier sind neben den Eosinophilen oft auch noch Faktoren an der Krankheit beteiligt, gegen die die bisher verfügbaren Biologika-Therapien machtlos sind. Gerade wer (zusätzlich) an einem Lungenemphysem leidet, kann durch eine Antikörpertherapie derzeit noch nicht profitieren.

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Bei wem wirken Antikörpertherapien?

So zeigte eine Studie aus dem Jahr 2019 mit knapp 4.000 teilnehmenden Patient:innen mit mittelschwerer bis schwerer COPD, dass der Antikörper Benralizumab im Vergleich zu einem wirkungslosen Placebo die Häufigkeit an akuten Verschlechterungen nicht verringern konnte. Kurz gesagt: Der Wirkstoff half den Betroffenen nicht – und das, obwohl ihre Blutwerte eigentlich die nötigen Kriterien erfüllten. Zur Behandlung von Patient:innen mit schwerem Asthma, bei denen die gleichen Blutwerte erhöht waren, ist Benralizumab hingegen wirksam und zugelassen.

Doch es gibt auch Hoffnung für COPD-Patient:innen: In zwei Studien wurde nachgewiesen, dass der Antikörper Mepolizumab in Abhängigkeit von der Eosinophilen-Zahl helfen konnte, Krankheitsschübe zu verringern. Genauer gesagt: Je höher dieser Wert im Blut war, desto mehr profitierten Betroffene von dieser Art der Therapie.

In einer weiteren Studie untersuchte man bei über 900 Patient:innen mit unkontrollierter COPD in Kombination mit entzündlichen Prozessen, ob der Antikörper Dupilumab ihren Zustand verbessern konnte – obwohl sie bereits eine hohe oder die maximale Dosis der Standardtherapie erhielten. Das Ergebnis: Tatsächlich konnte die Biologika-Therapie im Beobachtungszeitraum von einem Jahr die mittelschweren und schweren Exazerbationen um ganze 30 Prozent mindern. Auch die Lungenfunktion verbesserte sich in vielen Fällen. In der COPD-Therapie ist Dupilumab jedoch noch nicht zugelassen, sodass Ärzt:innen bei der Verordnung hier einen anderen Weg gehen müssen – im Fachjargon wird dies auch Off-Label-Use genannt.

Die Forschenden beider Studien zu Mepolizumab gaben zudem an, dass es bei über 1.500 Teilnehmer:innen keinerlei Nebenwirkungen zu verzeichnen gab. Das ist für viele COPD-Patient:innen neu, denn die meisten wirkungsvollen Therapien haben Nebenwirkungen, wenn auch teilweise nur schwache. In einigen Fällen klagen Patient:innen einer Biologika-Therapie über Kopf- oder Rückenschmerzen oder leichte Reaktionen an der Einstichstelle – so ist es beispielsweise bei der Anwendung von Mepolizumab.

Apropos Einstich – eine Antikörpertherapie wird in der Regel unter die Haut gespritzt. Bei den ersten Malen sollte dies bei der oder dem Lungenärzt:in passieren, damit eventuellen allergische Reaktionen sofort entgegengewirkt werden kann. Zeigen sich jedoch keine dieser Nebenwirkungen, können sich viele Patient:innen die Spritze bequem in einem festen zeitlichen Abstand zu Hause verabreichen.

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Biologika haben auch Nachteile

Klingt fast zu gut, um wahr zu sein? Natürlich haben auch Antikörpertherapien ihre Schwächen. So fallen nur wenige COPD-Patient:innen in die Gruppe der Betroffenen, die dadurch profitieren könnten. Eine solche Therapie ist außerdem immer nur als Aufbau zu weiteren Maßnahmen wie Tabakentzug, inhalativen Kortikosteroiden oder Bronchodilatatoren gedacht, sie kann sie jedoch nicht ersetzen. Zudem sind Biologika extrem kostspielig – eine Therapie kostet mehrere tausend Euro pro Quartal. Der Zugang ist daher limitiert und man muss einige Testverfahren durchlaufen, um eine Antikörpertherapie zu bekommen. Meistens läuft dies dann über eine Studienteilnahme, denn gegen COPD gibt es derzeit noch keine zugelassene Biologika-Therapie. Daher ist man an einem Universitätsklinikum oder einem großen medizinischen Versorgungszentrum mit Forschungsbezug am besten aufgehoben. Das erste Gespräch sollte aber immer mit der oder dem Lungenarzt:in stattfinden, die einen als Patient:in am besten kennt und beraten kann.

Antikörpertherapien könnten ein hilfreiches und effektives Mittel sein, um akute Verschlechterungen bei COPD-Patient:innen zu mildern oder gar zu verhindern. Allerdings können sie wahrscheinlich nur einem geringen Anteil der Betroffenen helfen. Doch die Forschung ist auf einem guten Weg und es stehen noch zahlreiche andere Therapien zur Verfügung. So steht einem Leben mit besserer Gesundheit und hohem Wohlbefinden nichts mehr im Wege – trotz COPD.

Quellen:
– Pavord ID. Biologics and chronic obstructive pulmonary disease. J Allergy Clin Immunol. 2018 Jun;141(6):1983-1991. doi: 10.1016/j.jaci.2018.04.020. Epub 2018 May 4. PMID: 29729941.
– Medizinexpert*innen bei DocCheck, 2020. Monoklonal – DocCheck. DocCheck Flexikon. Abgerufen bei https://flexikon.doccheck.com/de/Monoklonal am 16.02.2023
– Schwokowski, 2019. Biologicals. Abgerufen bei https://orthinform.de/lexikon/biologicals am 17.02.2023
– Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, 2020. Eosinophile. Gesundheit.gv.at. Abgerufen bei https://www.gesundheit.gv.at/labor/laborwerte/blutbild/blutbild-12-eos1-hk.html am 16.02.2023
– Helmholtz Zentrum München, 2019. Können Asthma-Antikörper COPD-Exazerbationen verhindern? Abgerufen bei https://www.lungeninformationsdienst.de/aktuelles/news/artikel/koennen-asthma-antikoerper-copd-exazerbationen-verhindern/ am 17.02.2023
– Deutsches Gesundheitsportal, 2023. Mepolizumab reduziert die Krankheitsschübe bei COPD-Patienten mit erhöhter Eosinophilenkonzentration. Abgerufen bei https://www.deutschesgesundheitsportal.de/2023/02/14/mepolizumab-reduziert-krankheitsschuebe-bei-copd-patienten-mit-erhoehter-eosinophil-konzentration/ am 17.02.2023
– Vidal MMI Germany GmbH, 2022. Mepolizumab. Gelbe Liste Pharmindex. Abgerufen bei https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Mepolizumab_53733 am 17.02.2023
– Siebenand, 2023: Dupilumab: Indikation COPD im Visier. Abgerufen bei https://www.pharmazeutische-zeitung.de/indikation-copd-im-visier-139201/ am 20.04.2023
– Foto: xxx / Shutterstock.com

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