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Das Inhalieren von Medikamenten oder Kochsalzlösung ist für Patient:innen mit Lungenerkrankungen wie Asthma oder COPD zentral. Nicht selten beschäftigen sie sich jeden Tag damit. Ein großer Vorteil von Inhalation ist, dass der Wirkstoff direkt dort ankommt, wo er hin soll: in die Atemwege – dem Ort der Erkrankung. So kann eine viel niedrigere Dosis angeordnet werden, als es beispielsweise bei Tabletten oder Pillen der Fall wäre – denn sie müssen den gesamten Verdauungstrakt durchlaufen. Inhalation ist für Lungenpatient:innen also nicht nur ein sehr direkter, sondern auch der effektivste Weg der Therapie. Doch einen Wehrmutstropfen gibt es: Die Inhalation von Medikamenten ist sehr viel anspruchsvoller und fehleranfälliger als beispielsweise die Einnahme von Tabletten.
Es ist daher – gerade für COPD- und Asthma-Patient:innen – wichtig zu wissen, …
- welche Inhalationssysteme bei COPD zum Einsatz kommen
- wie häufige Fehler beim Inhalieren vermieden werden können und
- wie man richtig inhaliert.
Die Auswahl des passenden Inhalationssystems
Neben der Wahl eines adäquaten Wirkstoffs gilt es auch, das richtige Inhalationssystem für sich zu finden. Die Unterschiede scheinen teilweise minimal, können aber große Auswirkungen haben. Dank einer steigenden Zahl an verfügbaren Modellen kann heute nahezu jede:r Patient:in mit einem individuell geeigneten Inhalationssystem versorgt werden.
Die unterschiedlichen Systeme stellen dabei unterschiedliche Anforderungen an individuelle Fähigkeiten der Anwender:innen. Bei Babies und Kindern ist beispielsweise die Fähigkeit eingeschränkt, aktiv die Atmung zu steuern. Bei älteren oder Patient:innen in fortgeschrittenen Krankheitsstadien kann die fehlende Kraft beim Einatmen eine Rolle spielen.
Kriterien bei der Auswahl des richtigen Inhalationssystems sind beispielsweise:
- Die Fähigkeit eines bewussten und gezielten Inhalationsvorgangs
- Der inspiratorische Atemfluss
- Die koordinativen Fähigkeiten
Die sorgfältige Auswahl eines passenden Inhalationssystems stellt deshalb die Voraussetzung für eine korrekte und wirkungsvolle Inhalation des Medikaments dar. Doch welches System ist für mich nun das richtige?
Inhalationssysteme bei Asthma und COPD
Die größte Bedeutung für die Therapie obstruktiver Atemwegserkrankungen wie Asthma und COPD haben die folgenden Inhalationssysteme:
1. Dosieraerosole
Ein Dosieraerosol setzt genau dosierte Mengen eines Medikamentes in kleinsten Tröpfchen frei. Die Wirkstoffteilchen liegen entweder als Suspension – einer Mischung von festen und flüssigen Teilen – oder gelöst im Treibgas vor. Die abgegebene Dosis sollte dabei unabhängig vom Inspirationsfluss der oder des Patient:in sein.
Entscheidend für die korrekte Anwendung von treibgasbetriebenen Dosieraerosolen ist vor allem eines: die exakte Koordination zwischen einem Sprühstoß und der Einatmung – eine der größten Herausforderungen bei der Inhalationstherapie. Einer Studie zufolge machen dies rund 65% der Patient:innen nicht richtig. Doch glücklicherweise kann man sich hier eine Unterstützung „zwischenschalten“: die Inhalierhilfe. Denn sie kann diese Koordinationsaufgabe erheblich vereinfachen. Das Ergebnis: Es wird deutlich „mehr Medikament“ ins Bronchialsystem eingebracht, statt sich im Mund-Rachenraum festzusetzen, wo es unter Umständen einen Pilz auslösen kann.
2. Trockenpulverinhalatoren
Eine Alternative sind Pulverinhalatoren, die das Medikament als feinkörniges Pulver in die Atemwege einbringen. Hier gibt es einen entscheidenden Unterschied zum Dosieraerosol: Die Dosierung und die Entstehung sogenannter respirabler Partikel – das sind Wirkstoffteilchen, die eingeatmet werden können – ist abhängig vom Inspirationsfluss, also von der Stärke, mit der Patient:innen das Medikament einatmen.
Damit ist die Einatmung die entscheidende Kraft – und stellt damit auch eine mögliche Fehlerquelle bei der Benutzung dar. Wer eine eher geringe Einatemkraft hat, für den oder die sind Pulverinhalatoren daher möglicherweise nicht die optimale Wahl. Zudem kann der pulvrige Wirkstoff schnell verklumpen, wenn Feuchtigkeit ins Gerät gelangt – beispielsweise, wenn man versehentlich hinein atmet. Vor der Inhalation tief auszuatmen, machen Studien zufolge 60% falsch.
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3. Vernebler
Die dritte Kategorie bilden elektrische Vernebler – sie zerstäuben flüssige Medikamente mithilfe von Ultraschall oder Druckluft. Dadurch sind sie ideal für den Einsatz bei beatmeten Patient:innen, die nicht oder nur teilweise selbstständig ihre Atmung steuern können. Aber auch für Lungenpatient:innen, die mit den anderen System nicht optimal zurechtkommen, stellen sie eine gute Alternative dar.
Ein Nachteil: Die Inhalation dauert mit etwa 15 Minuten vergleichsweise lang – mit Dosieraerosolen und Trockenpulverinhalatoren kann man die erforderliche Menge des Wirkstoffs wesentlich schneller in das Bronchialsystem einbringen. Doch ein großer Vorteil von Verneblern ist: Sie können auch zur Feuchtinhalation genutzt werden – zum Beispiel mit Kochsalzlösung. Besonders bei der Atemtherapie ist dies sinnvoll: etwa durch den Einsatz von sanften Vibrationen und PEP (positive expiratory pressure), also Atmung gegen einen Widerstand. In Kombination mit der salzhaltigen Luft, die sich durch die Kochsalzlösung ergibt, kann festsitzender Schleim effektiv gelöst werden.
4. Respimat®
Nicht zuletzt gibt es noch den Respimat®. Dieses Inhalationssystem arbeitet mit einer Kartusche, die eine Medikamentenlösung enthält. Er ist besonders für Patient:innen mit einer schweren Atemwegsverengung und Koordinationsproblemen empfehlenswert.
So vermeiden Sie häufige Anwendungsfehler
Egal, für welches System man sich entscheidet – für den Behandlungserfolg ist es wichtig, dass man das verordnete Gerät richtig anwendet. Denn nur bei korrekter Durchführung gelangt der Wirkstoff tief in die Atemwege hinein – und kann dort seine Wirkung optimal entfalten. Eine fehlerhafte Inhalationstechnik wirkt sich hingegen ungünstig auf den Effekt des Medikaments aus.
Achten Sie auf die Besonderheiten Ihres Inhalators
Eine wichtige Informationsquelle zur richtigen Anwendung ist in jedem Fall der Beipackzettel. Er erklärt, wie ein Inhalator korrekt angewandt wird.
- Beispielsweise ist beim Inhalieren mit Dosieraerosolen eher ein langsames, aber stetiges Einatmen richtig. Zudem sollte man den Inhalator vor der Verwendung kurz schütteln, um eine gleichmäßige Verteilung des Wirkstoffs zu gewährleisten.
- Bei der Anwendung von Pulverinhalatoren ist hingegen ein schneller und kräftiger Atemzug notwendig, um das Medikament in die Atemwege einzubringen.
- Die Inhalation mit Verneblern ist am wenigsten fehleranfällig, aber aufgrund des hohen Wartungsaufwands und der langen Dauer relativ aufwendig.
Die richtige Inhalationstechnik will geübt sein
Abgesehen vom Beipackzettel sollte man wichtige Hinweise zur richtigen Anwendung eines Inhalationssystem durch Expert:innen beigebracht bekommen. Am besten helfen hier die Mitarbeitenden und Ärzt:innen in der Lungenpraxis weiter, die einen in der Regel auch anleiten, wenn man ein neues Gerät verschrieben bekommt. Solche Patient:innen-Schulungen sind zentral für die korrekte Verwendung. Wichtig ist außerdem, in der Apotheke darauf zu bestehen, exakt das System zu erhalten, für das man geschult wurde – normalerweise wird dies auf dem Rezept aber auch dementsprechend notiert.
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6 Tipps zum richtigen Inhalieren
Medikament und Inhalationssystem wurden einem nun also verordnet und die Anwendung ist bekannt. Worauf ist jetzt aber im Alltag zu achten? Unabhängig vom Gerät gibt es auch einige grundsätzliche Empfehlungen:
- Zu festen Tageszeiten inhalieren. Das schafft eine Gewohnheit, die man nicht so einfach vergisst.
- An die ärztlichen Therapievorgaben halten – nicht einfach häufiger oder seltener inhalieren als es besprochen wurde.
- Den Oberkörper beim Inhalieren aufrichten und auf eine entspannte Atmung achten. Hier gilt es – gerade bei Pulverinhalatoren – nicht ins Mundstück hinein auszuatmen.
- Den Atem nach der Inhalation etwa fünf bis zehn Sekunden anhalten: So hat das Medikament genug Zeit, sich in den Bronchien „auszubreiten“ und seine Wirkung zu entfalten.
- Anschließend sollte man den Mund mit Wasser ausspülen, um die Entstehung eines Pilzes zu vermeiden.
- Wer eine hat, sollte sie auch verwenden: die Inhalierhilfe. Sie vereinfacht die Anwendung von Dosieraerosolen und sorgt für die optimale Verteilung des Wirkstoffs in den Bronchien.
Korrekt inhalieren will also gelernt sein. Doch beherrscht man ein neu verordnetes System einmal, muss man nicht mehr über die Verwendung nachdenken. So wird der Wirkstoff optimal aufgenommen und die Lungenkrankheit in Schach gehalten. Dann steht einem aktiven Leben in Wohlbefinden nichts im Wege.
Quellen:
– Spiesberger, 2022: INHALATIONSSYSTEME BEI ASTHMA UND COPD / Welches Device für welchen Patienten? Abgerufen via https://allgemeinarzt.digital/medizin/atemwege/welches-device-patienten-115210 am 08. Juli 2022.
– Dr. med Thomas Voshaar, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Med. Klinik III mit Schwerpunkt Pneumologie, Allergologie, Zentrum für Schlaf- und Beatmungsmedizin im Interdisziplinären Lungenzentrum am Krankenhaus Bethanien in Moers. Vortrag auf dem Symposium Lunge am 7.5.2011 in Hattingen.
– J. de Zeuuw: Inhalationstechnik (Editorial). In: Kompakt Pneumologie, 04/2017, 1-3.
– I. van Beerendonk (et al.): Assessment of the inhalation technique in outpatients with asthma or chronic obstructive pulmonary disease using a metered-dose inhaler or dry powder device. In: Journal of Astma, 1998, 35(3), 273-279.
– Hering, T., Andres, J., Mohrlang, C., Redeker, M., & Schwarz, E. (2018). Aut-idem-Regelung und Inhalatorauswahl bei inhalativer Therapie in pneumologischen und hausärztlichen Praxen unter Alltagsbedingungen–Einschätzung und Umsetzung durch Pneumologen und Hausärzte. Pneumologie, 72(03), 197-206.
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