Die auffällige Sprachlosigkeit beim Thema „Verschlechterung“
COPD-Patienten erfahren es meist bei der Diagnosemitteilung: „Ihre Krankheit ist chronisch fortscheitend und bisher nicht heilbar.“ Die beiden Worte „nicht heilbar“ sind für fast alle Patienten (und ihre Angehörigen) erstmal ein Schock. Es wird dabei leicht überhört oder verdrängt, was „chronisch fortschreitend“ bedeutet, nämlich: Befund und Befinden des Patienten verschlechtern sich im Laufe der Zeit. Mediziner nennen die fortschreitende Verschlechterung einer chronischen Erkrankung „Progredienz“ (vom Lateinischen: progredere = vorrücken, voranschreiten). Wie rasch diese Verschlechterung geschieht und welche Beschwerden sich jeweils verschlimmern, unterscheidet sich von Patient zu Patient.
Das „Wann“ und „Wie“ der Verschlechterung sind ungewiß – im Gegensatz zum „Daß“.
COPD-Patienten neigen meist dazu, unangenehme Fakten solange wie möglich zu verdrängen. Das gilt gleichermaßen für Beobachtungen, Erfahrungen und Informationen:
- „Mein Nachbar hustet sich schon wieder die Seele aus dem Leib. Er raucht ja auch mehr als ich…“
- „Bin schon wieder die Letzte beim Walken. Liegt wohl am Alter…“
- „Mein Lungenfacharzt hat gesagt, ich solle mit dem Rauchen aufhören. Na ja, vielleicht denke ich Im Urlaub mal darüber nach…“
Diese Neigung zum Verdrängen trifft in besonderem Maße auf das Thema „Verschlechterung“ im Krankheitsverlauf zu. Dafür gibt es viele Gründe. Die drei wichtigsten greife ich heraus und stelle die Vor- und Nachteile dieser „Argumente“ gegenüber.
„Argument“ Nummer 1: „Ich will die Verschlechterung nicht herbeireden.“
Was nicht besprochen wird, existiert nicht! Es sieht so aus, als praktizierten COPD-Patienten „Cancel Culture“ beim Thema „Verschlechterung“: Nichts darüber hören wollen, nicht darüber reden – dann wird es keine Wirklichkeit! Hinter dieser Haltung steckt häufig ein Denkfehler: Der Patient setzt Verschlechterung mit Sterben und Tod gleich.
Vorteil:
Ich muß mich nicht mit Abstieg und Verlust auseinandersetzen. Damit umgehe ich die unangenehmen, belastenden oder ängstigenden Gefühle, die mit diesen Themen verbunden sein können.
Nachteil:
Die Krankheit wird trotzdem fortschreiten. Wer das Thema „Verschlechterung“ vermeidet, verpaßt die Chance für eine angemessene Vorbereitung und einen pro-aktiven Umgang mit dem Fortschreiten der Erkrankung.
Wie eine angemessene Vorbereitung und ein pro-aktiver Umgang aussehen könnte, erfahren Sie in einem weiteren Teil dieser Blog-Miniserie.
„Argument“ Nummer 2: „Verschlechterung bedeutet: Die Ärzte können bald nichts mehr machen.“
Mit der zunehmenden Verschlechterung ihres Befindens wächst bei COPD-Patienten eine bestimmte Angst: „Irgendwann gibt es keine Hoffnung mehr. Dann bin ich austherapiert. Die Ärzte können mir nicht mehr helfen.“
Vorteil:
In diesem Fall gilt (wie übrigens in fast allen Fällen!): Angst ist ein wichtiges Verkehrszeichen, aber kein guter Wegweiser! Dieses zweite „Argument“ kann allenfalls als Entlastung von der Verantwortung für die weitere pro-aktive Mitarbeit beim Umgang mit der Erkrankung dienen.
Nachteil:
Der Begriff „austherapiert“ führt in die Irre: Therapie muß nicht zur Heilung führen; sie kann auch auf die Verbesserung der Lebensqualität zielen. Es gibt keine Situation, in der man „nichts mehr machen kann“.
Welche Möglichkeiten beispielsweise die Palliativmedizin für COPD-Patienten mit weit fortgeschrittener Erkrankung anbieten kann, erfahren Sie in einem weiteren Teil dieser Blog-Miniserie.
„Argument“ Nummer 3: „Ich möchte meine Angehörigen nicht damit belasten, daß es mir immer schlechter geht.“
Bei chronischen Erkrankungen ist ein Phänomen verbreitet, das in der Fachliteratur als „protective buffering“ bezeichnet wird (vom Englischen protective = beschützend, fürsorglich und buffering = Pufferung). Auch COPD-Patienten und ihre (pflegenden) Angehörigen neigen dazu, sich gegenseitig zu schützen. Dahinter steckt die Befürchtung, der andere halte die zunehmende Verschlechterung (oder das Gespräch darüber) nicht aus.
Vorteil:
Beide Seiten vermeiden eine schmerzhafte und möglicherweise emotional belastende Auseinandersetzung mit dem schwierigen Thema.
Nachteil:
Werden die Belastungen verdrängt, erzeugen sie zusätzlichen Streß. Außerdem verhindert „protective buffering“ die gemeinsame vorausschauende Bewältigung und Entscheidungen, wie die Betroffenen mit einer Verschlechterung umgehen wollen.
Hinweise, wie die Kommunikation beim Thema „Verschlechterung“ zwischen Patienten und Angehörigen gelingen kann, erfahren Sie in einem weiteren Teil dieser Blog-Miniserie.
Wie lauten Ihre „Argumente“? Weshalb vermeiden Sie das Thema „Verschlechterung“?
Gerne können Sie in den Kommentaren unter diesem Blog-Beitrag Ihre „Argumente“ aufführen, warum Sie nicht über das Thema „Verschlechterung“ sprechen und welche Vor- und Nachteile Sie dabei erkennen.
Oder Sie schreiben mir Ihre Überlegungen via E-Mail (service@psychopneumologie.de).
Ich greife Ihre „Argumente“ in der nächsten Folge der Mini-Serie auf. Wir können dann gemeinsam die Vor- und Nachteile abwägen und nach einem guten Umgang und nach Unterstützungsangeboten für Sie suchen.
Quellen:
– Foto: PIKSEL / istock.com
Hallo, ich habe eine Lungenfibrose seit 6 Jahren, habe auch immer hoch dosiertes Kortison nehmen müssen, aber es gibt seit kurzem ein Medikament das heißt Ofev gibt es in 2 Stärke 100 / 150 mg
Seit dem ich die nehme morgens und abends eine , brauche ich nur noch 5mg Kortison nehmen. Kaum noch Husten, mir geht es gut mit der Tablette
Du musst unbedingt deinen Arzt darauf ansprechen….. wünsche dir alles Gute
Brigitte
Donnerwetter! So viele Kommentare!
Mit einer solchen Fülle von Rückmeldungen habe ich nicht gerechnet!
Zu den hier geposteten Kommentaren kommen noch einige weitere auf Facebook und zahlreiche Mails direkt an mich persönlich.
Dankeschön für jeden einzelnen Beitrag!
Ich bitte um Verständnis, daß meine Reaktion etwas auf sich warten ließ. Momentan häufen sich die Beratungsanfragen, da viele COPD-Patienten offensichtlich mit dem ungewöhnlichen „Sommer“ kämpfen.
Ich werde versuchen, die von Ihnen hier, auf Facebook und in den Mails mitgeteilten Erfahrungen in den nächsten Blog-Beitrag zum Thema „Verschlechterung“ einzubauen.
Auf die einzelnen konkreten Fragen gehe ich jeweils unten direkt ein. Falls es dazu Rückfragen gibt, bitte ich um eine kurze Mitteilung – entweder hier im Kommentarbereich oder an meine Mail-Adresse (service@psychopneumologie.de).
Mit herzlichen Grüßen
Monika Tempel
Hallo, ja leider verschlechtert sich die Krankheit schneller als ich gedacht habe.
Ich bin 63 und die Diagnose bekam ich 2020. Gemerkt habe ich das schon länger aber erfolgreich verdrängt.
Ich mache 3 mal die Woche Yoga, Krafttraining und Ausdauer. Fahre mit dem ebike, rehasport und trotzdem gibt es keinen Stillstand.
Ich habe mal abgeklärt ob ich für Ventile in frage komme. Reden kann ich nur mit meiner Tochter die ich im Grunde nicht damit belasten möchte.
Ich wünsch euch allen alles gute
Hallo ich habe mit 50 Jahren das Rauchen aufgehört habe dann viel Sport betrieben habe dann langsam COPD bekommen mit den Jahren wurde es schlimmer seit Jahren benutze ich das Medikament TRIXEO zum inhalieren bin damit sehr Zufrieden ich bin jetzt 84 Jahre momentan bin ich zufrieden ich wünsche euch allen viel Mut aus Garmisch-Partenkirchen
Hallo.Ich habe Lungenfibrose auf Federn.Diagnose seit 2022.Ich neme 20mg Prednisolon.Ich Rauche nicht.Ich bin 69 Jahre Alt.Können SIE mir da zu etwas sagen?
Ich hatte 8 Jahre relativ gut gelebt mit meiner Medikation, und habe den Gedanken an Verschlechterung eher weggeschoben, aber seit ich an Covid erkrankt war, konnte ich mich einfach nicht mehr richtig erholen, und merke immer mehr wie sehr ich mittlerweile beeinträchtigt bin..
Dieses Thema trifft gerade einen Nerv bei mir und ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht.
Ich bin selbst betroffen, copd II mit stark ausgeprägtem Lungenemphysem. Noch geht es mir gut, aber ich habe schon ziemliche starke Zukunftsängste
Meine Mama ist betroffen. Sie akzeptiert ihre Krankheit, mir fällt es sehr schwer und möchte natürlich die bestmögliche Versorgung für sie. Über Verschlechterung sprechen ist nicht einfach, da man immer Angst vor dem Schlimmsten hat. Hat Jemand Erfahrung mit Eingriffen bei einem Lungenemphysem?
Mein Zustand hat sich seit dem letzten Jahr auch sehr verschlechtert. Ich wollte es auch nie wahr haben, dass sich diese Krankheit immer mehr verschlechtert, trotz aller Mühen. Es ist mir bewusst und trotzdem habe ich Angst über die weiteren Folgen
Leider verschlechtert sich mein Zustand rapide. COPD IIID/IV … Grenzwertig.
Ich lebe alleine mit meinem Hund und weiß momentan nicht wirklich, wie es weitergehen soll. Jeder Ratschlag ist willkommen. Danke.
Ich springe gerade zwischen Gold 2 und 3 hin und her, je nach Tagesform. 2017 hatte ich zweimal innerhalb eines Monats einen Spontanpneumotorax, nach dem zweiten Lungen-Op mit Resektion von zwei rechten Lungenlappen. Meine Familie unterstützt mich wo es geht, aber irgendwann ist auch Schluss. Ich habe eine Patientenverfügung. Wenn es so sein soll, dann gehe ich. Ich bin selber Pflegefachkraft und habe beatmete COPD Patienten begleitet. Ich habe für mich entschieden, dass dies nicht mein Weg sein wird. Evtl noch eine Transplantation, aber das ist in so weiter Ferne, da denke ich nicht drüber…allen Betroffenen wünsche ich alles Gute..
Ich mag nicht daran denken, wie viel schlechter es noch werden kann wo ich jetzt schon Stufe 4 und 24/7 Sauerstoff habe. Mit meinem Mann kann ich eigentlich nicht wirklich drüber reden.
Ist es tatsächlich, dass immer eine weiter Verschlechterung eintritt. Es gibt keinen Stillstand ?
Ich will niemand damit belasten wenn es mir schlecht geht.
ich habe mich damit abgefunden dass ich nicht mehr gsund werde aber aufgeben werde ich nicht
Mein Mann ist betroffen . Ich lese hier als interessierte Angehörige.
Bisher bin ich nur stiller Mitleser, doch das Thema „Verschlechterung“ spricht mich leider gerade direkt an. Ihre Argumente 1-3 spiegeln meinen Zustand leider zu gut. Bin gespannt auf die Fortsetzung und danke Ihnen schon jetzt für die Unterstützung und Aufklärung. Gemeinsam geht’s besser.