Die pneumologische Rehabilitation bei COPD

Der Alltag mit einer chronischen Lungenerkrankung wie COPD kann eine Herausforderung sein. Gut, dass es die Möglichkeit gibt, eine Pause davon zu machen – und gleichzeitig etwas über den Umgang mit der Krankheit zu lernen: Die pneumologische Rehabilitation.
 | 14.06.2022

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Eine pneumologische Rehabilitation, kurz Reha genannt, kann mehrere positive Effekte haben: Sie verlängert die Lebenserwartung, verringert die Atembeschwerden und steigert die Belastbarkeit der Betroffenen, während sie gleichzeitig gezielte Kompetenzen vermittelt. Man könnte sagen: Sie schlägt mehrere Fliegen mit einer Klatsche. Doch trotz all der wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse über die positiven Langzeiteffekte einer Reha wird sie von ärztlicher Seite aus nur recht selten angeordnet. Für Patient:innen gilt daher: Eigeninitiative ist gefragt!

In diesem Beitrag wird es darum gehen,

  • wann und wie oft COPD-Patient:innen Anspruch auf eine Reha haben,
  • wie man einen erfolgreichen Antrag einreicht,
  • wie eine Reha für COPD-Patient:innen genau abläuft und
  • wo man als Lungenpatient:in eine Reha machen kann.

Voraussetzungen & Anspruch auf Reha

Für einen erfolgreichen Antrag auf eine Reha sollte man wissen, was die Voraussetzungen dafür sind. Laut Sozialgesetzbuch (SGB IX, § 1) soll eine Rehabilitation grundsätzlich die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben von Menschen mit chronischen Beschwerden fördern und eine drohende Behinderung abwenden.

Übrigens: Nicht nur bei COPD, sondern auch bei anderen chronischen Lungenerkrankungen oder anhaltenden Symptomen kann sich eine pneumologische Reha auszahlen: Auch bei Asthma, Long- oder Post-COVID oder einem Lungenemphysem könnte sich ein Antrag lohnen.

Welche grundsätzlichen Voraussetzungen gibt es?

Das bedeutet: Wer in Deutschland sozialversichert sind, hat prinzipiell einen Anspruch auf eine Reha. Besonderheiten kann es für Privatversicherte geben – sie müssen in den individuell vereinbarten Konditionen nachschauen, inwieweit eine Kostenübernahme Teil der Versicherung ist.

Doch abgesehen vom Anspruch gibt es gewisse Voraussetzungen, die Patient:innen erfüllen müssen, um den Antrag erfolgreich bewilligt zu bekommen:

Die Voraussetzungen:

  • Der oder die Patient:in ist rehabilitationsbedürftig. Dies ist der Fall, wenn man unter chronischen Beschwerden leidet, die die Belastbarkeit im Alltag einschränken oder die Erwerbsfähigkeit bedrohen. Mit einer COPD-Diagnose ist dies häufig gegeben, je nach Stadium.
  • Patient:innen sind rehabilitationsfähig. Konkret bedeutet das, dass Betroffene körperlich und geistig ausreichend in der Lage sind, an einer Reha teilzunehmen und davon auch profitieren können. Sauerstoffpflichtige und beatmente Patient:innen sind damit ausdrücklich nicht von einer Reha ausgeschlossen!
  • Es gibt eine positive Rehabilitationsprognose. Das ist in der Regel erfüllt, wenn sich die im Antrag formulierten Ziele realistischerweise durch die gewählte Reha erreichen lassen.

Wann hat man als COPD-Patient:in Anspruch auf eine Reha?

Auch bezüglich des Zeitpunktes gibt es bestimmte Regularien, wann eine Reha am ehesten bewilligt wird und Sinn ergibt. So kann man als COPD-Patient:in rein vorsorglich eine Reha beantragen – etwa, um einer drohenden Verschlechterung der Symptome vorzubeugen und den richtigen Umgang mit der Erkrankung zu erlernen. Eine weitere Möglichkeit: Die Reha als Anschlussbehandlung, beispielsweise nach einer Exazerbation oder einer OP.

Die folgenden Gründe für eine Reha bei COPD werden in der Regel anerkannt:

  • Betroffene fühlen sich durch die Erkrankung in ihrem Alltag eingeschränkt.
  • Die Erwerbsfähigkeit ist bedroht, etwa aufgrund einer hohen Anzahl an Krankentagen durch die COPD.
  • Die Symptome haben sich deutlich verschlechtert.
  • Der oder die Patient:in hatte aufgrund einer exazerbierten COPD einen längeren Krankenhausaufenthalt.
  • Betroffene leiden unter den psychosozialen Folgen der Erkrankung – darunter fallen beispielsweise Depressivität oder Rückzugstendenzen.
  • Es droht die Pflegebedürftigkeit.

 Wie oft kann man eine Reha beantragen?

Grundsätzlich kann man als chronisch erkrankter Mensch höchstens alle vier Jahre eine Reha machen. In Einzelfällen können jedoch auch dringende Gründe dafür sprechen, diesen Zeitraum zu verkürzen – beispielsweise eine deutliche Verschlechterung der Symptome, das Hinzukommen einer neuen Erkrankung oder ein Aufenthalt im Krankenhaus.

Im folgenden Video erklärt Tessa Schneeberger von der Philipps-Universität Marburg die Vorteile der pneumogischen Rehabilitation für COPD-Patient:innen:

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Mehr Informationen

Wer übernimmt die Kosten?

Als Kostenträger:in für die Reha kommen zwei Optionen in Frage: Entweder man bezahlt den Aufenthalt inklusive Anreise und aller anfallenden Kosten selbst oder man beantragt die Kostenübernahme. Träger:innen sind hier entweder die gesetzliche Krankenversicherung – etwa wenn man nicht (mehr) erwerbstätig ist und eine Pflegebedürftigkeit abgewendet werden soll – oder die gesetzliche Rentenversicherung, die bei Erwerbstätigen greift und wenn eine frühzeitige Verrentung droht.

Doch was übernehmen die Kostenträger:innen genau? Die Kostenübernahme schließt in der Regel die Kosten für die Reise, Verpflegung und Unterkunft mit ein. Je nach Versicherung kann es dazu kommen, dass eine Zuzahlung von maximal zehn Euro pro Reisetag fällig wird.

 Wo kann man eine pneumologische Reha machen?

Prinzipiell kann eine Reha ambulant oder stationär in einer zertifizierten Klinik durchgeführt werden. Im Hinblick auf die genaue Art, Ort und Dauer der Reha hat jedoch der oder die Kostenträger:in das letzte Wort. Patient:innen steht allerdings zu, Wünsche zu äußern – etwa was den Ort der Reha angeht. Wichtig ist dann jedoch, im Falle eines Antrags für Kostenübername die Präferenz gut zu begründen: Warum möchte ich genau dorthin? Gibt es dort Angebote oder Leistungen, die besonders für meine Situation geeignet sind? All diese Informationen können hilfreich sein und sollten unbedingt im Antrag angegeben werden. Daher gilt: Wer sich frühzeitig informiert und sich selbst einbringt, wird höchstwahrscheinlich mehr Erfolg bei der Antragsstellung haben.

Der Reha-Antrag

Trotz intensiver Vorbereitung kann es dazu kommen, dass der Antrag auf Kostenübernahme abgelehnt wird. Die Gründe dafür sind vielfältig, doch umso wichtiger ist es, unter anderem die richtige Reihenfolge der zentralen Schritte korrekt zu befolgen, wenn man den Antrag gemeinsam mit dem oder der behandelnden Lungenärzt:in stellt:

  • Zu Beginn solte man das Gespräch mit dem oder der Fachärzt:in suchen. Zusammen sollte man zunächst einmal klären, ob eine Reha grundsätzlich in Frage kommt.
  • Hat man dies beantwortet, folgt der nächste Schritt: Wer (noch) im Beruf steht, benötigt einen ärztlichen Befundbericht für den Antrag bei der Rentenversicherung. Wer bereits in (Früh-)Rente ist, kann sich von der Praxis eine Reha über die Krankenkasse verordnen lassen.
  • Weiter geht es nun mit dem Antragsformular: Hier sollte man die individuellen Gründe für den Antrag genau beschreiben. Antragsformulare erhält man bei der eigenen Krankenkasse, dem oder der Lungenfachärzt:in oder auf der Webseite der Deutschen Rentenversicherung.
  • Danach kann man sich erst einmal zurücklehnen: Nach Einreichung des Antrags werden die Kostenträger:innen prüfen, ob die medizinischen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Reha erfüllt sind.

Tipps für einen erfolgreichen Antrag

Der Prozess eines Reha-Antrags ist zwar oft langwierig, besteht aber eigentlich nur aus wenigen Schritten. Doch auch abgesehen von der richtigen Reihenfolge gibt es hilfreiche Tipps und Tricks, die man beachten sollte, um die Kostenübernahme bewilligt zu bekommen:

  1. Es empfiehlt sich, die Argumentation im Antragsformular mit der ärztlichen Verordnung abzustimmen. Das bedeutet: Wer gemeinsam mit dem oder der Ärzt:in überlegt, warum eine stationäre Reha notwendig ist und welche therapeutischen Ziele mit der Maßnahme erreicht werden sollen, ist im Vorteil. Die beschriebenen Symptome und Ziele der Reha sollten also in den einzelnen Antragsdokumenten von Ärzt:in und Patient:in übereinstimmen.
  2. Konkrete Anträge haben eine höhere Erfolgschance! Entscheidend sind hier weniger die genauen medizinischen Diagnosen als vielmehr die konkreten Auswirkungen im Alltag. Wer unter Atemnot leidet, sollte daher unbedingt schildern, wie sehr diese das alltägliche Leben beeinflusst, einen im Beruf belastet und am Erledigen der Hausarbeit hindert.
  3. Zudem gilt: Lieber zu viele als zu wenige Details nennen. Im Antrag sollte man also die eigene Krankheitssituation möglichst genau beschreiben – ebenso wie die Erwartungen an die Reha, sofern sie bewilligt wird. Denn wichtig für die Krankenkasse ist vor allem zu wissen, ob die Reha wirklich zu einer Besserung der Beschwerden führen kann.
  4. Man ist nicht alleine – beim Ausfüllen des Antrags kann man auf Unterstützung zählen. Hier können einerseits die Mitarbeitenden in den Beratungsstellen des Kostenträgers hilfreich sein – aber auch in Selbsthilfe-Organisationen gibt es viele, teilweise ehrenamtlich tätige Helfer:innen, die tatkräftig unterstützen können. Außerdem stehen Sozialverbände wie der VdK oder der Sozialverband Deutschland einem bei Fragen in sozialrechtlichen Themen gerne zur Seite.
  5. Sollte es trotz aller Hilfe und Beachtung aller Hinweise dazu kommen, dass der Antrag abgelehnt wird, lohnt es sich, hartnäckig zu bleiben: Innerhalb eines Monats kann man Widerspruch gegen die Absage einlegen – das zahlt sich häufig aus: 80 Prozent aller zunächst abgelehnten Anträge werden in zweiter Instanz doch noch bewilligt.

Der Ablauf einer pneumologischen Reha

Es ist soweit! Der Antrag auf Kostenübernahme wurde genehmigt und die Koffer sind gepackt. Wie geht es jetzt weiter? Eine stationäre Rehabilitation dauert in der Regel drei Wochen, in denen Teilnehmer:innen an einem genau strukturierten Programm teilnehmen. Das betreuende Reha-Team besteht dabei aus verschiedensten Fachleuten wie zum Beispiel Fachärzt:innen, Physiotherapeut:innen, Psycholog:innen und Ernährungsberater:innen.

Zu Beginn steht meistens eine Eingangsuntersuchung durch eine:n Lungenfachärzt:in auf dem Plan. Mit diesen legen die Reha-Teilnehmer:innen dann gemeinsam die Ziele und Inhalte der Rehabilitation fest. Möglichkeiten sind hier:

Mögliche Ziele einer Reha bei COPD sind u. a.:

  • Die Rauchentwöhnung zu schaffen
  • Eine signifikante Verbesserung der Atemnot und der Belastbarkeit zu erreichen
  • Bei Bedarf eine psychotherapeutische Intervention, um depressive Symptome zu reduzieren
  • Das Lernen von Strategien, um mit Notfällen wie Atemnot umzugehen
  • Unterstützende atemtherapeutische Maßnahmen für den Alltag mitzugeben: Beispielsweise die Vermittlung von Atem- und Hustentechniken oder die korrekte Anwendung von Atemtherapiegeräten und Inhalationssystemen
  • Die Begleitung bei einer Ernährungsumstellung, etwa um Übergewicht zu reduzieren

Um diese Ziele zu erreichen, können Lungen-Patient:innen an verschiedensten Kursen und Schulungen teilnehmen und dabei so einiges über den Umgang mit einer COPD lernen.

COPD-Patient:innen profitieren von einer pneumologischen Rehabilitation gleich auf mehrere Weise: Die gezielte Wissensvermittlung unterstützt sie im Alltag und gibt ihnen die Sicherheit, auch mit Atemnot-Situationen gut umzugehen. Wer neue Techniken erlernt, beispielsweise beim Abhusten vom Schleim, erfährt zudem spürbare Erleichterung im Alltag und kann ihn dadurch leichter bewältigen. Das sorgt für ein längeres Leben mit mehr Wohlbefinden und Entspannung.

Quellen:
– Fischer, J. (et al.): Rehabilitation von Patienten mit Chronisch Obstruktiver Lungenerkrankung (COPD). Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und der Deutschen Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften (DGRW). Pneumologie 2007, 61: 233 – 248.
– Gloeckl, R. (et al.): Pulmonary rehabilitation and exercise training in chronic obstructive pulmonary disease. In: Deutsches Ärzteblatt 2018; 115 (8): 117–23.
– COPD Reha Infos, 2020: Kur abgelehnt. Abgerufen via https://reha.lungennetzwerk.bplaced.net am 25.05.2022
– Foto: Fotolia.com

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